Tobias Eisenschmidt

Portrait-Fotografie aus Braunschweig.
Emotionen statt Posen. Film & Digital.

Gründer vom Analog-Fotolabor Super Positiv.

Indonesien × Jakarta

Im Juni 2016 bin ich für drei Wochen mit dem Rucksack und meiner Analogkamera durch Indonesien gereist. Dieser Beitrag ist Teil meines Reiseberichts.

Meine Reise began in Jakarta auf der Insel Java, der Hauptstadt Indonesiens. Jakarta ist unter Touristen nicht wirklich beliebt und genießt den Ruf einer dreckigen, lauten Großstadt ohne wirkliche Sehenswürdigkeiten. Allerdings befindet sich hier der größte China Town Indonesiens und das wollte ich mir nicht entgehen lassen, zumal es sich falsch anfühlte, die Hauptstadt eines Landes einfach zu ignorieren.

Angekommen am Flughafen, hob ich etwas Geld ab und besorgte mir ein Taxi. Der Fahrer sprach kein Wort Englisch und setzte mich trotz ausgedruckter Wegbeschreibung vor einem größeren Hotelkomplex ab – aus den Augenwinkeln konnte ich den Namen eines Ladens erahnen, der auf meiner Karte vermerkt war und so probierte ich mein Glück zu Fuß, bevor der Taxameter weiter noch oben schoss.

10 Minuten Fußweg später, zwängte ich mich durch ein halb verschlossenes Metalltor in eine Seitenstraße und fand schliesslich meine Unterkunft: The Packer Lodge, ein preisgünstiges, erstaunlich sauberes Hostel für Backpacker. Das Personal war sehr freundlich und in der Lounge ergaben sich schnell Gespräche mit anderen Reisenden.

China Town / Glodok

Jakarta’s China Town ist wirklich groß und nicht vergleichbar mit den längeren Einkaufsstraßen anderer Städte. Es ist vielmehr ein undefiniertes Geflecht aus unzähligen Gassen, vollgepackt mit Ständen aller Art und nicht weniger kaufwilligen Passanten. Hier bekommt man einfach alles, von Elektronikartikeln bis zu kleinen Kätzchen. Und natürlich jede Menge Essen.

So verbrachte ich die nächsten Stunden damit, die verschiedensten Speisen an den Straßenständen zu probieren – zu keiner Zeit im Klaren darüber, was ich gerade esse, aber stets vom Geschmack begeistert. Der dortige Mix indonesischer und chinesischer Küche ist wirklich klasse und bringt Gerichte hervor, die ich in anderen Städten Indonesiens so nicht wieder vorfand.

Während ich nun als einziger Ausländer weit und breit durch die Nachbarschaft schlenderte, zog ich selbstverständlich einige Blicke auf mich und kam mit vielen Einheimischen ins Gespräch. In Indien wurde ich zwar auch häufig angesprochen, aber nachdem die jungen InderInnen ihr Foto mit mir bekamen verflog das Interesse meist schnell wieder. Ganz anders hier: Jeder schien wirklich interessiert an mir, fragte woher ich komme, wie alt ich bin, was ich so treibe und wie mir das Land gefällt. Englisch ist vor allem bei älteren Personen nicht verbreitet, aber mit einer wilden Mischung aus Englisch, Deutsch, Niederländisch, Chinesisch und Zeichensprache wurde die Barriere schnell überwunden.

China Town in Jakarta, Indonesien

Jalan Surabaya / Flohmarkt

In der Jalan Surabaya erstreckt sich zwischen Autostraße und Abwasserkanal ein nicht enden wollender Flohmarkt. Ich bin zwar kein großer Schnäppchenjäger, aber das riesige, wahllos zusammengewürfelte Sammelsurium an Gebrauchtwaren war schon lustig anzuschauen. Schonmal einen metallenen U.S. Navy Taucherhelm gesehen? Auf einer 8×10 Großformatkamera thronend, angestrahlt von riesigen Kronleuchtern, umgeben von Porzelandelphinen und Grammophonen, während draussen einige Indonesier mehrere rote Schnurtelefone reparieren und alte Bob Marley Platten lauschen?

Jalan Jaksa

Das Gebiet um die Jalan Jaksa ist ein beliebtes Ziel für Backpacker und bietet entsprechend viele Homestays. Eigentlich gibt es hier nicht viel zu entdecken, aber allein für das Straßenessen hat sich der Weg allemal gelohnt. Obwohl es hier viele Stände gibt, tummelten sich fast alle Passanten um einen längeren, mit Essen gefüllten Tisch. Hier holte ich mir zwei Teller Mie Goreng mit Erdnuss-Chilli-Sauce, Tempeh und einige frittierte Maispuffer (Bakwang Jagung) – während ich dort speiste und kleine Kätzchen um mich herumwuselten, fragte ich mich wie das alles so lecker sein kann und warum es insgesamt nur 1€ gekostet hat.

Copy shop in Jakarta, Indonesien

Skye Bar

Aufgrund einer Empfehlung, ging es am letzten Abend zur Skye Bar – einer Bar im 56sten Stock mit Blick über Jakarta. Umgeben von Anzug-tragenden, jungen Businessmännern und deren aufgetakelten Begleitungen, die mit Glas in der Hand zu R’n’B Musik schwankten, fühlte ich mich direkt von der ersten Sekunde an fehl am Platz. Die Aussicht auf die riesige Smog-Wolke über der Stadt war zwar ganz interessant, aber nach 10 Minuten hatte ich genug und stand wieder am Fahrstuhl. Die Rückfahrt mit dem Taxi gestaltete sich allerdings sehr interessant: Der freundliche Fahrer war sehr gesprächig, brachte uns einige indonesische Wörter bei und präsentierte lachend sein ausgiebiges Abendessen, das er während des Tages zusammengetragen hat und am Ende seiner 20-Stunden-Schicht nach Sonnenuntergang (Ramadan) endlich essen könne. Wir sprachen über Religion und kulturelle Unterschiede. Er war sehr offen und sah vieles mit Humor. Die langen Arbeitszeiten machen ihm nichts aus, da er so die teure Schule seiner Kinder bezahlen kann. Ich fand es einfach spannend zu erfahren, welchen Stellenwert die Religion hat, wie er sein Leben gestaltet und gleichzeitig die Vielseitigkeit der Lebensweisen zelebriert.

Fazit: Tolles Essen, nette Menschen, angenehm untouristisch und nicht annähernd so verschmutzt wie häufig dargestellt. Ich habe lange nicht alles gesehen und würde Jakarta während einer Rundreise auf keinen Fall überspringen.

Dies war Teil 1 meines Indonesien-Berichts. Im zweiten Teil geht es um meine Abenteuer in Cianjur und Umgebung.

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